Sehnsuchtsorte: Eine kleine Bucket List für Europa
Es gibt Menschen, denen genügt es, alljährlich eine kleine Finca im mallorquinischen Hinterland zu buchen. Andere zieht es vielleicht jedes Jahr aufs Neue in denselben türkischen Touristenort. Es gibt viele Fans derart geordneter Urlaubsverhältnisse. Wer jedoch gerne ab und zu etwas anderes bereisen und erleben möchte, der sieht sich oft einer schier unüberschaubaren Vielfalt gegenüber, allein bei uns in Europa. Hiergegen haben wir eine kleine Bucket List erstellt: Europäische Traumziele, die nicht ganz so rettungslos überlaufen sind wie Paris an einem schönen Frühlingstag.
Wroclaw/Breslau
Einst das Zentrum der deutschen Region Schlesien wurde Breslau nach 1945 nicht nur zu Wroclaw, sondern auch einer nunmehr polnischen Metropole. Geschadet hat der Stadt dieser Wechsel keineswegs. Das lässt sich bereits bei der städtischen Architektur überall erkennen. Wunderschön restaurierte Altbauten treffen hier auf moderne Neubauten, ohne dass dies zu einem solchen Stilbruch führt, wie er in anderen Städten beklagt werden muss. Und über allem liegt ein Schleier buntester Farben, weil es in Wroclaw hochbeliebt ist, Fassaden in kräftigen Tönen zu streichen.
Doch ebenso wie das Aussehen und die Sehenswürdigkeiten lockt der allgemeine Charakter der Stadt. Durch ihre Lage ist sie die wärmste in Polen, ohne jedoch im Sommer unangenehm heiß zu werden. Auffallend viele junge Menschen gibt es hier. Das liegt an der hohen Hochschuldichte. Nicht weniger als elf Stück gibt es im Stadtgebiet. Zudem verbringen hier viele ausländische Studenten Semester, sodass die Stadt einen sehr jungen und bunten Touch hat. Entsprechend kann Wroclaw ein quirliges Nachtleben vorweisen, ohne jedoch eine reine Party-Metropole im Stil Berlins zu sein.
Absolute Must-Sees in Wroclaw/Breslau
Wer in Wroclaw Urlaub macht, sollte den Reiseführer in der Tasche lassen und sich lieber von den Zwergen führen lassen. In der ganzen Stadt sind etwa taubengroße Zwergenfiguren aufgestellt – mittlerweile deutlich mehr als 600 Stück. Ein faszinierender Mix aus Volksaberglaube und polnischer Opposition in den 1980ern steht dahinter. Die kleinen Bronze-Gesellen weisen Touristen auf Orte hin, die teils nirgendwo sonst erwähnt werden und sind großartig, um sich dadurch die Stadt zu erlaufen.
Malta
Der kleinste Mitgliedsstaat der europäischen Union ist gleichzeitig eines jener Kleinode im Mittelmeer, das durch die „Konkurrenz“ in Form von Sardinien, Kreta oder Korsika allein in seiner Region immer wieder in den Schatten gestellt wird. Gut so, muss man aus touristischer Sicht einfach sagen. Denn obwohl natürlich auch Malta kein Eiland frei von Touristen ist, so hält sich deren Dichte hier doch in Grenzen im Vergleich mit anderen Mittelmeerinseln.
Wer besonders stark seine Ruhe haben möchte, der sollte sich von der Hauptinsel fernhalten und sich nach den beiden kleinen Nebeninseln Gozo und Comino orientieren – hierhin kommen eher Tagesgäste, weniger Urlauber, die länger verweilen. Ein weiteres Plus des kleinen Archipels: Trotz der geringen Größe gibt es hier wirklich viel zu sehen und zu tun – insbesondere, wenn man ein Fan von Wasser, darunter befindlichen Landschaften und daraus gezogenen Köstlichkeiten ist. Obendrein ist der Staat auch für Freunde des gepflegten Spiels ein Genuss. Die maltesische Lizenz ist Eingeweihten natürlich ein Begriff, allerdings gibt es hier überdies mehrere Spielbanken sowie regelmäßige Poker-Turniere.
Dadurch, dass das Eiland bis 1964 britische Kolonie war und bis heute kultureller Teil der Anglosphäre ist, kommt man zudem mit Englisch wirklich überall zurecht – neben Maltesisch ist dies die wichtigste Amtssprache der Inseln.
Absolute Must-Sees in Malta
Wer sich auf der Hauptinsel befindet und ein Fan der Serie Game of Thrones ist, sollte sich keinesfalls eine Tour zur ehemaligen Haupt- und Festungsstadt Mdina entgehen lassen. Erstens, weil die mit hohen Mauern umgebene Siedlung sowieso schon eine Augenweide ist. Zweitens, weil sich hier unter anderem das Stadttor von „Königsmund“ befindet. Obendrein ist ganz Malta generell voller berühmter Drehorte und deshalb gut geeignet, um auf diesen Spuren zu wandeln.
Die Bretagne
Für viele Deutsche besteht das touristische Frankreich aus der Île-de-France samt Paris und vor allem dem östlichen Teil der Mittelmeerküste. Vielleicht noch die Alpen, wenn man ein Wintersport-Fan ist. Die Bretagne hingegen, Frankreichs „Drachenkopf“, der weit nach Westen in den Atlantik hineinragt, haben viele urlaubende Teutonen nicht im Sinn.
Dabei ist diese hügelige Landschaft im Dreieck zwischen Brest, Rennes und Lorient tatsächlich ein wunderschönes Fleckchen Erde. Wer hier klassischen Badetourismus am Strand sucht, wird ebenso fündig wie Fans von Städtereisen und gemächlichen Touren zu Fuß oder per Fahrrad. Ja, selbst Kanuten können sich auf den kleinen Flüssen und Kanälen austoben, ohne Langeweile befürchten zu müssen. Tatsächlich dürfte die Region mit ihrer großen Vielfalt für deutlich mehr als nur einen Urlaub gut sein.
Absolute Must-Sees der Bretagne
In einer so großen Region ist es natürlich etwas schwierig, einzelne Sehnsuchtsorte herauszupicken. Aber vielleicht ist dieses besonders eindrucksvoll: Der Mont Saint-Michel. Eine kleine, wie eine Festung wirkende Gemeinde im Wattenmeer an der nördlichen Küste der Bretagne. Dort, wo die Region in die Normandie übergeht (zu der Mont Saint-Michel rein verwaltungstechnisch gehört).
Zwar ist die Insel, die komplett vom Ort und der gleichnamigen Abtei zugebaut ist, ein schwerer Touristenmagnet, das liegt aber wirklich daran, dass sie bei Ebbe und Flut absolut sehenswert ist.
Skye / Isle of Skye
Viele Deutsche bringen das Meer, Küstenlandschaften und Inselwelten mit klassischem Badetourismus in Verbindung. Wer das sucht und auf warme Luft- und Wassertemperaturen steht, der ist bei Skye leider fehl am Platz. Wer jedoch über diesen „Makel“ hinwegsehen kann, der findet auf dieser verwinkelten Insel der inneren Hebriden vor Schottlands nordwestlicher Küste einen Ort, an dem Touristen wirklich noch relativ rar sind.
Das liegt beileibe nicht daran, dass Skye nicht viel zu bieten hätte. Im Gegenteil, vor allem, wer eine raue Schönheit zu schätzen weiß, die fast an die Islands heranreicht, kommt hier voll auf seine Kosten. Es ist definitiv eine Landschaft für alle, die Fans von entdeckenden Outdoor-Aktivitäten sind. Wandern, dazu Touren mit Geländefahrzeugen, ja sogar Campen mit dem Offroader. Hinzu kommen die kleinen Dörfchen und Cottages, die hier wirklich malerisch sind – und als Bonus lässt sich die Insel via die Skye Road Bridge ohne Fähre erreichen.
Allerdings müssen Urlauber hier zwei Sachen beachten. Erstens: Ohne gute Outdoor-Bekleidung ist man hier zu jeder Jahreszeit verloren. Zweitens: Wenn schon das normale schottische Englisch Leute von außerhalb vor manche Probleme stellt, muss man hier darauf gefasst sein, besonders häufig „excuse me?“ fragen zu müssen.
Absolute Must-Sees in Skye
Neben sehr gut erhaltenen schottischen Brochs (Wohntürme) und weiteren vorzeitlichen Objekten wie beispielsweise Steinfelder, gehört auf Skye eine Tour über den Quiraing zum Pflichtprogramm. Die Hügelformation sieht nicht nur atemberaubend aus, sondern bietet selbst nicht minder spektakuläre Blicke über diese raue Landschaft.
Tiflis
Zugegeben, bei der Hauptstadt Georgiens kann man sich definitiv darüber streiten, ob wir noch von einem europäischen oder bereits einem asiatischen Reiseziel sprechen. Hier, im Kaukasus, verläuft irgendwo die Trennlinie zwischen beiden Kontinenten. Offiziell spricht man zwar von Vorderasien, jedoch sagen sogar Georgiens Bewohner selbst, ihr Land sei Europas Balkon.
Doch egal nach welcher Definition: Tiflis gehört definitiv zu denjenigen Reisezielen dieses Textes, das die wenigsten Deutschen auf dem Radar haben, wenn es an die Urlaubsplanung geht. Wer sich nicht vor der georgischen Sprache und der Schrift Mchedruli fürchtet, sollte das jedoch schnellstens ändern. Denn Tiflis ist durch seine Geschichte ein wunderbarer Schmelztiegel aus kaukasischen, russischen, sowjetischen und sogar persischen Einflüssen.
Diese haben nicht nur kulturell ihre überall sichtbaren Spuren hinterlassen, sondern auch in der städtischen Architektur. Zwischen klassischen Prachtbauten und nüchternen Gebäuden im Sowjet-Stil ist hier alles vertreten und wirkt nichts fehl am Platze. Dass die Georgier generell ein ziemlich freundliches Völkchen sind und eine wirklich unsagbar gute Küche haben, kommt noch hinzu.
Absulte Must-Sees in Tiflis
Ganz klar: Die Festung Narikala, die hoch über der Stadt thront. Lange Zeit in Trümmern strahlt sie jetzt wieder in altem Glanz, zieht Touristen und Einheimische an und ist der perfekte Ort, um diese pittoreske Stadt aus der Vogelperspektive zu betrachten.