Online Spielen: Ein Knigge
Egal ob herkömmliches Videospiel oder in Richtung Casino gehend: Die lockere Kultur des Netzes (vor allem im Vergleich mit klassischen Spielbanken) in Kombination mit der Mobilität der Endgeräte hat dazu geführt, dass viele die Sache zu locker nehmen – und damit nicht nur ihrem Spieleerlebnis, sondern der Community und dem Spiel insgesamt einen Bärendienst erweisen. Dabei geht das Online Spielen mit nur wenigen Tipps deutlich besser.
Das Problem an sich
Warum ist der seit Sommer 2021 geltende Glücksspielstaatsvertrag relativ harsch, indem er beispielsweise weite Teile von Tischspielen untersagt? Es ist – über Umwege – auch eine Reaktion darauf, dass die Netzkultur sowie der Grundgedanke des digitalen Spiels in den vorherigen Jahren für eine gewisse Inflationierung des Spielens an sich sorgten.
Um das zu demonstrieren, ist ein Blick auf normale Spielbanken nötig. Es gibt, zumindest in Deutschland, praktisch keine, die keine Kleiderordnung vorschreibt – eine teils sehr strenge Ordnung, wohlgemerkt. Viele Häuser kontrollieren überdies den Alkoholfluss an den Tischen. Die Croupiers geben sich sehr niveauvoll und seriös, die Spieler zeigen ebenfalls ihre besten Manieren. Es geht im besten Sinn „gesittet“ zu und die Sprache ist sowohl in ihrer Lautstärke als auch Tonalität zurückhaltend. Ein angenehmes Umfeld auf hohem bis höchstem Niveau, ohne jedoch eine unangenehme Steifigkeit aufzuweisen.
Online Spielen im Netz
Spielen im Netz verhält sich dazu oftmals ähnlich wie es ein Abendessen aus dem Hamburger-Schnellrestaurant zu einem Steakhouse der gehobenen Klasse tut, das ebenfalls Burger serviert: Der Kern ist gleich, aber das Drumherum ist völlig anders. Das digitale Spiel steht überall zur Verfügung, ist sowohl physisch als auch psychisch „distanziert“. Kommt noch die an anderer Stelle ebenfalls vielkritisierte Anonymität über Pseudonyme hinzu, kristallisiert sich eine Reihe von Nachteilen heraus:
- Das Besondere des Spiels wird abgewertet. Es wird zu einer beliebig austauschbaren Handlung, wodurch für den Spieler auf lange Sicht viel Vergnügen verlorengeht. Hier muss natürlich auch das Thema Sucht betrachtet werden. Erwiesenermaßen ist es durch die ständige Verfügbarkeit des digitalen Spiels bedeutsamer als bei analogen Spielbanken – ein weiterer Grund für die Strenge des Glücksspielstaatsvertrags. Allerdings ist dies ein generelles Problem aller digitalen Dienstleistungen; dies der Vollständigkeit halber.
- Der digitale Tonfall ist oft dementsprechend. Das schreckt nicht nur manche Neulinge ab, sondern kann zu einer generell negativen Betrachtung der ganzen Thematik durch Außenstehende führen. Hinzu kommt ein Ambiente, das für die Spieler selbst weniger angenehm ist, als es möglich wäre.
- Die ständige Verfügbarkeit sorgt dafür, dass viele in Situationen spielen, in denen sie sich eigentlich nicht richtig darauf konzentrieren können. Das schmälert letztlich nicht nur die Siegeschancen, sondern trübt abermals das positive Erlebnis ein.
Es wäre vielleicht übertrieben, digitale Glücksspiele ernsthaft als Drive-In-Schnellrestaurants zu betrachten und ihre analogen Gegenparts als Sterne-Gaststätten. Allerdings ist der Unterschied ohne Zweifel vorhanden und teils dramatisch.
Tatsächlich hängt es jedoch an jedem Spieler selbst, das Spiel für sich, die Community und die Allgemeinheit auf eine Weise zu gestalten, bei der selbst bei einigen schnellen Runden auf dem Handy in der Mittagspause ein wenig der Glanz eines echten Casinos durchscheint.
In Communities aktiv sein
Wer gerne kocht, der ist heutzutage sowohl analog als auch offline meist wenigstens ein bisschen präsent, um sich mit anderen auszutauschen. Bei sehr vielen anderen Steckenpferden verhält es sich ähnlich. Unter dieser Prämisse sollten sich Fans des digitalen Spiels ebenfalls Zeit für andere nehmen, um …
- eine aktive Kultur jenseits des eigentlichen Spiels aufzubauen und zu pflegen. Eine Tatsache, die so bei fast jedem anderen Hobby ebenfalls gilt.
- Neulingen einen aus ihrer Mitte kommenden Einstieg zu erleichtern, Hürden und Ängste abzubauen und sie vielleicht auf den gewissen „Ton“ im Spiel vorzubereiten.
- sich anzubringen und gegenseitig auszutauschen und dadurch letztlich der ganzen Szene durch Bewertungen und Vorschläge zu helfen, ständig besser zu werden.
Es gibt solche Anlaufstellen für ein gutes Miteinander. Nur liegt es an jedem Spieler, sich dort einzubringen. Dies muss nicht täglich geschehen, nicht einmal wöchentlich. Aber wer beispielsweise nur einige Tricks und Grundregeln niederschreibt, Neulinge begrüßt und vielleicht Bewertungen von Online Spielen und Anbietern abgibt, bringt sich bereits sehr gut ein. Würde jeder Spieler sich so verhalten, könnte die Szene sich vor Neulingen kaum retten.
Online einen vernünftigen Tonfall pflegen
Man muss natürlich anerkennen, dass die digitale Welt ganz generell eine ist, die ihre eigenen Regeln aufweist. Hier macht weder das Online Spielen eine Ausnahme noch erstreckt sich diese Tatsache einzig auf die Sprache. Dennoch gibt es einen teils dramatischen Unterschied zwischen einer der Natur des Digitalen geschuldeten, verkürzten und lockereren Sprache und einer, die geradezu stakkato-haft und geradezu unflätig ist.
Wenn mancher, wenn das Spiel nicht allzu gut läuft, durch die digitale Distanz dazu neigen mag, das eine oder andere Wort laut auszusprechen, das er an einem analogen Tisch oder Automaten wohl höchstens nur denken würde, ist dies nicht das Problem – ein solches Verhalten ist verständlich. Die Grenze verläuft vielmehr dort, wo die angesprochene Distanz (gegebenenfalls in Verbindung mit Nicknames bzw. Pseudonymen) dazu führt, dass ein Spieler sich, höflich gesprochen, wie ein unflätig pöbelnder Prolet verhält.
Hier lohnt definitiv ein Blick in die Welt herkömmlicher Online-Videospiele: Dort ist der Ton in den schriftlichen und gesprochenen Game-Chats schon seit Jahren vielerorts unerträglich vulgär, ja geradezu toxisch. Es sind übelste Beschimpfungen an der Tagesordnung, vergessen viele Teilnehmer völlig jegliche Form von Erziehung, die sie jemals genossen haben.
Schimpfwörter, Frust und Hass beim Spielen
Im Ergebnis steigt der Frust, weil kaum eine Runde vergeht, ohne für jeden guten Spielzug Gefahr zu laufen, von einem Gegenspieler mit kreativsten Schimpfwörtern überschüttet zu werden – sofern dieser Hass überhaupt auf die Online-Welt beschränkt bleibt. Tatsächlich hat dieses Problem schon viele gute Spieler und Neulinge mit Potenzial abgeschreckt. Da nützt es definitiv nichts, solche Menschen aufzufordern, sie mögen sich doch einfach nicht so anstellen. Damit wird einem so falschen Ton eine ihm nicht zustehende Legitimation erteilt, durch die andere sich erst recht bestätigt fühlen.
Zugegeben, im Bereich Glücksspiel mag bereits der etwas höhere Altersschnitt für eine geringer ausgeprägte diesbezügliche Problematik sorgen. Ein Hort freundlichster Umgangsformen und Höflichkeit sieht trotzdem teilweise anders aus. Angesichts dessen sollte sich jeder Spieler dauerhaft vor Augen halten, wer am anderen Ende sitzt, nämlich ebenfalls Menschen. Zudem hilft es, sich diese Distanz einfach wegzudenken. Bei den meisten genügt das, damit sie Ihren Tonfall gut kontrollieren können – man fängt ja schließlich im Firmen-Chat aus dem Home-Office auch nicht an, seine Erziehung zu vergessen, nur weil Kollegen und Vorgesetzte nicht am selben Tisch sitzen.
Das digitale Spielen ebenfalls zu etwas Besonderem machen
Wer sich in ein analoges Casino begeben möchte, der muss dafür einen festen Zeitrahmen einplanen. Zudem muss er sich ein Budget festlegen und natürlich die bereits angesprochenen Kleiderregeln durch die Wahl der richtigen Garderobe einhalten.
Natürlich soll dies kein Aufruf sein, digitales Glücksspiel nur zu starten, nachdem man sich in Schale geworfen hat als ginge es zu einem Date. Nein, aber ganz ähnlich wie im vorherigen Kapitel sollten Spieler versuchen, die Verlockungen, die das digitale Spiel im Allgemeinen und das auf dem Handy im Besonderen bieten, nicht völlig auszunutzen.
Folgendermaßen kann dies ablaufen:
- Das Online Spielen sollte einen festen Zeitraum bekommen. Nicht hektisch zwischendurch, sondern mit Muße. Also eher freitagsabends zum Feierabend als an der Bushaltestelle auf dem Weg zur Arbeit.
- Es sollte einen festen Ort geben. Nicht zwischendurch das Handy zücken, sondern sich vielleicht in einen speziellen Sessel oder an einen Tisch begeben.
- Keine Ablenkungen. Einen Slot zu starten und dann einen anderen Browser-Tab aufzurufen, um dort ein YouTube-Video weiterzuschauen, raubt dem Spiel einen Großteil von Spannung und Vergnügen.
Letztendlich geht es nur darum, das Spiel für sich selbst schöner zu machen. Intensiver, spannender, einfach rundherum genussvoller. Zudem sollten Spieler hierbei nicht vergessen, wie viel Arbeit und Mühe die Entwickler und Betreiber teilweise in das Game an sich sowie eine möglichst schöne Ausgestaltung gesteckt haben. Das muss man nicht übertrieben honorieren, aber vielleicht zumindest würdigen, indem man dem Spiel seine volle Aufmerksamkeit schenkt. So war es ja schließlich bei dessen Entwicklung gedacht.